Das Körperbild unter dem Einfluss von Sozialen Medien

Soziale Medien haben unsere Kommunikation und Interaktion revolutioniert. bringen aber auch negative Aspekte wie Cybermobbing, Fake News und die Verbreitung unrealistischer Körperideale mit sich. Diese Ideale können das eigene Körperbild und die emotionale Gesundheit beeinträchtigen. Ein komplettes Social Media Verbot ist in den meisten Fällen trotzdem nicht praktikabel, denn LinkedIn, Instagram, TikTok und Co. sind bereits fest in unserer Lebensrealität verankert. Wer seine Medienkompetenz schult und seine Social Media Kanäle smart personalisiert, kann das eigene Körperbild schützen oder sogar positiv beeinflussen.

Inhaltsverzeichnis

Das Körperbild in Gefahr: Negative Medienwirkungen

Social Media Plattformen wie LinkedIn, Instagram, Facebook und Co. haben unser soziales Miteinander verändert. Vor allem die Wege der Kommunikation und Interaktion sind vielseitiger, schneller und einfacher geworden. Aber die sozialen Medien haben auch ihre Schattenseiten: Cybermobbing, Trolling, Fake News, Datenschutzverletzungen, aber auch das Zurschaustellen gesundheitsgefährdender Ideale und Verhaltensweisen gehören hier mit dazu – und das bleibt nicht folgenlos. So hat beispielsweise die Verbreitung überwiegend schlanker und oftmals künstlich bearbeiteter Idealkörper in den Sozialen Medien negative Einflüsse auf Körperbild, Körperzufriedenheit und die allgemeine emotionale und körperliche Gesundheit von Frauen und Männern jeden Alters.

Wie kann man sich vor solchen negativen Medieneinflüssen auf das Körperbild schützen?

Ein komplettes Social Media Verbot ist selten die Lösung, denn die sozialen Medien sind bereits fester Bestandteil unserer Lebensrealität und in vielen Arbeitsbereichen wird eine kompetente Mediennutzung von LinkedIn, Instagram und Co. mittlerweile sogar vorausgesetzt.

Aber es gibt eine Alternative: Wer seine Medienkompetenz schult und die eigenen Social Media Kanäle smart personalisiert, kann mit Sozialen Medien die eigene Körperwahrnehmung sogar fördern.

Körperbild schützen

Schütze dich und deine Körperwahrnehmung vor negativen Medienwirkungen

Was ist das Körperbild und wie wird es von den Sozialen Medien beeinflusst?

Wer das eigene Körperbild vor negativen Medienwirkungen schützen möchte, muss zunächst einmal verstehen, was das Körperbild überhaupt ist und inwiefern die sozialen Medien das Körperbild beeinflussen.

Das Körperbild nach Bob Price

Eines der bekanntesten Erklärungsmodelle ist das Körperbild nach Bob Price. Der Pflegewissenschaftler definiert das Körperbild über die Begriffe Körperrealität, Körperideal, und Körperpräsentation und stellt dabei die Selbstwahrnehmung und Darstellung des eigenen Körpers in den Fokus seiner Überlegungen.

  • Das Körperideal bezieht sich auf die Vorstellung, wie der eigene Körper sein sollte. Es ist eine Art Wunschbild oder ein Idealzustand, den man erreichen möchte.
  • Die Körperrealität beschreibt die objektive Wahrnehmung des eigenen Körpers, also wie der Körper tatsächlich aussieht und funktioniert.
  • Die Körperpräsentation bezieht sich darauf, wie man seinen Körper nach außen hin darstellt. Dies umfasst Kleidung, Körperhaltung, Bewegungen und allgemeines Auftreten.

Durch die Körperpräsentation versucht man oft, das Körperideal nach außen zu zeigen oder bestimmte Aspekte der Körperrealität zu betonen oder zu kaschieren. Diskrepanzen zwischen dem Körperideal und der eigenen Körperrealität können dabei zu Unzufriedenheit und negativen Gefühlen führen. Dies kann das Selbstwertgefühl beeinflussen und unter Umständen zu Essstörungen oder anderen psychischen Problemen führen.

Das Körperbild nach Bob Price, Grafik erstellt von Laura Fazio
Das Körperbild setzt sich aus Körperideal, Körperrealität und Körperpräsentation zusammen und ist diversen Einflussfaktoren ausgesetzt - darunter auch den Sozialen Medien

Der Einfluss Sozialer Medien auf das Körperbild

Nun sind alle drei Körperbild-Komponenten – das Körperideal, die Körperrealität und die Körperpräsentation – verschiedenen Einflussfaktoren ausgesetzt: Alter, Gesundheit, genetische Veranlagungen und körperliche Aktivität haben beispielsweise Einfluss auf die eigene Körperrealität. Das Körperideal wiederum wird stark durch soziale, kulturelle und mediale Einflüsse geprägt – und darunter fallen auch Schönheitsideale aus Werbung, Filmen und eben auch den Sozialen Medien.

Wer also das eigene Körperbild vor Störungen schützen möchte, sollte das eigene Körperideal reflektieren und die eigene Körperrealität mit Hilfe der Sozialen Medien positiv beeinflussen.

Wie genau aber kann so eine kritisch-reflexive Nutzung der Sozialen Medien für ein positives Körperbild konkret aussehen?

Soziale Medien für ein positiveres Körperbild nutzen

Im Gegensatz zu traditionellen Medien wie Fernsehen, Zeitschriften und Plakaten, bei denen die Auswahl der präsentierten Inhalte durch Redakteure und Medienunternehmen bestimmt wird, bieten Soziale Medien den Nutzern die Möglichkeit, die Inhalte, die sie sehen, aktiv zu steuern und zu personalisieren. Dies bedeutet, dass jeder Einzelne Einfluss darauf hat, welche Art von Medieninhalten in den eigenen Feeds erscheinen – und das betrifft auch die Auswahl der Körper, die man sehen möchte.

Über Personalisierungsmöglichkeiten können die Algorithmen von Social Media Plattformen beeinflusst werden, sodass mehr Inhalte angezeigt werden, die ihrem Wunsch nach einem positiven Körperbild entsprechen.

Aber welche Inhalte sind das?

Hier 3 forschungsgestützte Erkenntnisse über den Einfluss sozialer Medien auf das eigene Körperbild und darauf basierende Tipps zur Personalisierung der eigenen Social Media Plattformen:

Erkenntnis 1: Das Social Media Bild zählt mehr als der Text

Ein nach wie vor starker Trend in den Sozialen Medien ist das Posten von body-positiven Inhalten. Die Beiträge, die häufig von sogenannten Body Positivity InfluencerInnen stammen, zielen darauf ab, gängige Schönheitsideale herauszufordern und stattdessen Akzeptanz und Wertschätzung für alle Körper zu fördern. 2020 untersuchte eine Studie experimentell, welchen Einfluss body-positive Bildunterschriften im Verhältnis zu Instagram-Bildern auf das Körperbild junger Frauen haben. An der Studie nahmen 384 Frauen im Alter von 18 bis 30 Jahren teil. Den Teilnehmerinen wurden Instagram-Bilder von sowohl dünnen als auch von durchschnittlich gewichtigen Frauen gezeigt. Teilweise waren diese Bilder mit body-positiven Bildunterschriften versehen und teilweise nicht. 

Das Ergebnis: Entgegen der Vermutung hatten die body-positiven Bildunterschriften keinen Einfluss auf die Körperunzufriedenheit oder die Körperwertschätzung der Teilnehmerinnen. Es gab jedoch einen signifikanten Effekt, was das Bildmotiv anbelangt: Die Bilder der durchschnittlich-gewichtigen Frauen führten zu weniger Körperunzufriedenheit und größerer Körperwertschätzung bei den Probandinnen als die Bilder von dünnen Frauen – und das auch bei Frauen, deren Körperideal ein schlanker Frauenkörper war. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die visuellen Inhalte eines Instagram-Posts einen stärkeren Einfluss auf das Körperbild haben als begleitende Texte.

Tipp 1: Körpervielfalt in den Social Media Feed aufnehmen

Man muss also nicht notgedrungen Body Positivity Influencern folgen, um das eigene Körperbild mit Social Media positiv zu beeinflussen. Wichtig ist aber, dass der Feed die Diversität an Körpern und Körpertypen aus unserem echten Leben widerspiegelt und vor allem auch Körper zeigt, die der eigenen Körperrealität entsprechen. Ob es sich dabei um SchauspielerInnen und SängerInnen oder aber PolitikerInnen und UnternehmerInnen handelt, ist dann erstmal zweitrangig.

Erkenntnis 2: Realitätsnahe Bilder und Entlarvende Bildvergleiche stärken die Körperzufriedenheit

Ein weiterer Social Media Trend besteht darin, sogenannte „Instagram vs. Realität“-Bilder zu posten. Bei diesen Bildern wird in einem Split-Screen auf der einen Seite ein idealisiertes Frauenbild gezeigt und auf der anderen die vermeintlich echte, zumindest aber natürlichere Darstellung derselben Frau. Bei diesem Trend wird aufgezeigt, wie sehr sich Körper über Filter, aber auch Klamotten oder Körperposen idealisiert darstellen lassen. In einer Studie, an der 305 Frauen im Alter von 18 bis 30 Jahren teilnahmen, wurden die Probandinnen dazu aufgefordert drei Arten von Instagram-Bildern zu betrachten: „Instagram vs. Realität“-Bilder, nur die idealisierte Seite oder nur die „reale“ Seite. Wie von den Wissenschaftlern vermutet, führte das Betrachten der „Instagram vs. Realität“-Bilder und der realen Bilder zu einer besseren Körperunzufriedenheit im Vergleich zu den idealisierten Bildern.

Tipp 2: #instagramvsreality folgen

Die Studie kam zu dem Schluss, dass „Instagram vs. Realität“- und reale Posts das Potenzial haben, die Körperzufriedenheit von Frauen zu stärken. Wer also sein Körperbild stärken möchte, sollte auf Instagram den Hashtag #instagramvsreality abonnieren.

Extra-Tipp:
Auf TikTok #expectationvsreality Videos ansehen – so lassen sich gleich auch unrealistisch-idealisierte Vorstellungen von z.B. Urlaubsorten und vermeintlich perfekten Lebensentwürfen relativieren.

Erkenntnis 3: Die Art der Mediennutzung ist relevanter als die Häufigkeit und Dauer der Mediennutzung

Soziale Medien können eine übermäßige Beschäftigung mit dem eigenen Aussehen fördern. Das bringt Risiken mit sich, denn emotionale Probleme wie Depressionen und soziale Angst können dadurch potenziert werden.

In einer qualitativen Studie berichteten 763 Jugendliche und junge Erwachsene über ihre auf Social Media verbrachte Zeit, die Intensität ihrer Social Media Nutzung sowie über ihre allgemeine Beschäftigung mit auf das Aussehen bezogenen (Medien)aktivitäten und -inhalten. Dabei wurden vor allem Zusammenhänge mit Markern für Depressions- und sozialen Angstsymptomen sowie mit auf das Aussehen bezogenen Ängsten untersucht. Die Ergebnisse unterstützen Hinweise darauf, dass das Engagement und Verhalten in sozialen Medien, insbesondere Aktivitäten, die mit Vergleichen und Beurteilungen des Aussehens verbunden sind, ein größeres Risiko für Depressions- und soziale Angstsymptome sowie für Erscheinungsängste darstellen als die reine Häufigkeit und Dauer der Nutzung von Sozialen Medien.

Tipp 3: Beschäftige dich mit den Inhalten, nicht mit dem Aussehen von InfluencerInnen

Wer nur selten auf Social Media Plattformen unterwegs ist, dafür dort aber hauptsächlich Personen folgt, deren Content einzig und allein auf das eigene Aussehen ausgerichtet ist (z.B. Outfit-Präsentationen, Spiegel-Selfies nach dem Fitnessstudio-Besuch etc.), tut seinem Körperbild höchstwahrscheinlich nichts Gutes. Auf das Aussehen fokussierte Social Media Beiträge animieren Nutzer bewusst oder unbewusst dazu, sich auch mit dem eigenen Aussehen auseinanderzusetzen. Das schadet auf Dauer dem Körperbild. Besser also, man sucht sich InfluencerInnen, die Content zu eigenen Interessensthemen herstellen. Der Fokus der Social Media Nutzung wird so stärker auf Medieninhalte gelenkt – und das schützt uns vor einer übermäßigen Auseinandersetzung mit dem eigenen Körperbild.

Offline-Zeiten schaden trotzdem nicht

Medien sind alles andere als unschuldig. Filme, Serien und auch die Sozialen Medien haben einen Einfluss auf unser Denken, Handeln und Fühlen – und das auch, wenn es um die eigene Körperzufriedenheit geht.

Wer seine Mediennutzung nicht reflektiert, erhöht die Gefahr für schwerwiegende emotionale Probleme und Erkrankungen wie Ess- oder Körperbildstörungen. Ein Schutz vor negativen Einflussfaktoren auf das Körperbild aus den Sozialen Medien muss aber nicht in einem Social Media Verbot münden. Indem man die eigenen Social Media Kanäle personalisiert, kann die eigene Körperwahrnehmung trainiert und ein positives Körperbild sogar gefördert werden.

Offline-Zeiten schaden aber trotzdem nicht, denn diese ermöglichen es, den ständigen Strom an Informationen und visuellen Eindrücken zu reduzieren, was wiederum zu einer besseren mentalen Gesundheit und damit auch zu einem positiveren Körperbild beitragen kann.

Quellen:

Hawes, T., Zimmer-Gembeck, M. J., & Campbell, S. M. (2020). Unique associations of social media use and online appearance preoccupation with depression, anxiety, and appearance rejection sensitivity. Body Image, 33, 66–76. https://doi-org.emedien.ub.uni-muenchen.de/10.1016/j.bodyim.2020.02.010

Tiggemann, M., Anderberg, I., & Brown, Z. (2020). # Loveyourbody: The effect of body positive Instagram captions on women’s body image. Body Image, 33, 129–136. https://doi-org.emedien.ub.uni-muenchen.de/10.1016/j.bodyim.2020.02.015

Tiggemann, M., & Anderberg, I. (2020). Social media is not real: The effect of ’Instagram vs reality’imageson women’s social comparison and body image. New Media & Society, 22(12), 2183–2199. https://doi-org.emedien.ub.uni-muenchen.de/10.1177/1461444819888720

Bilder: 

„Soziale Medien“ copyright @pixabay (Thomas Ulrich)

„TikTok“ copyright @pixabay (SAM-RIZ44)

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