Was ist Wissenschaftskommunikation und warum ist sie gerade jetzt so wichtig?

SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP wollen Wissenschaftskommunikation systematisch und umfassend stärken – das hat die Koalition im März 2024 nach einer Debatte im Bundestag beschlossen. Aber: Was ist Wissenschaftskommunikation eigentlich und wieso ist sie gerade jetzt so wichtig?

Inhaltsverzeichnis

Wissenschaftskommunikation im Bundestag diskutiert

SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP wollen Wissenschaftskommunikation systematisch und umfassend stärken – das hat die Koalition im März 2024 nach einer Debatte im Bundestag beschlossen und eine entsprechende Vorlage an den federführenden Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung überwiesen: Die Bundesregierung soll, so die Antragsteller, darauf hinwirken, dass Wissenschaftskommunikation systematisch auf allen wissenschaftlichen Karrierestufen und auch als Bestandteil der Forschungsförderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) verankert wird.

Aber was bedeutet das genau? Was versteht man eigentlich unter Wissenschaftskommunikation? Und warum ist sie gerade jetzt so wichtig?

Wissenschaftskommunikation erklärt komplexe wissenschaftliche Konzepte, vermittelt wichtige Forschungsergebnisse und fördert das Verständnis für wissenschaftliche Themen im Allgemeinen – und dies mit Hilfe verschiedener Medienformate und über unterschiedliche Kommunikationskanäle hinweg.

Wissenschaftskommunikation - was ist das eigentlich?

Wissenschaftskommunikation Bedeutung

Die Wissenschaftskommunikation erklärt komplexe wissenschaftliche Konzepte, vermittelt wichtige Forschungsergebnisse und fördert das Verständnis für wissenschaftliche Themen im Allgemeinen – und dies mit Hilfe verschiedener Medienformate und über unterschiedliche Kommunikationskanäle hinweg.

In diesem Sinne trägt Wissenschaftskommunikation dazu bei den Dialog zwischen Wissenschaftlern, Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit zu erleichtern.

Klarer wird die Wissenschaftskommunikation-Bedeutung erst in der Unterscheidung zwischen interner und externer Wissenschaftskommunikation.

Was ist interne Wissenschaftskommunikation und was ist externe Wissenschaftskommunikation?

Mit den Begriffen interne Wissenschaftskommunikation und externe Wissenschaftskommunikation wird beschrieben, unter welchen unterschiedlichen Zielgruppen und auf welche Art und Weise Wissenschaft kommuniziert wird:

Interne Wissenschaftskommunikation:

Interne Wissenschaftskommunikation beschreibt den Austausch innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft – sprich der Austausch zwischen Wissenschaftlern, Forschern und anderen Fachleuten aus einem bestimmten Bereich. Diese Fach- und Forschungsgemeinschaften kommunizieren in erster Linie über spezielle wissenschaftliche Austauschformate wie Fachzeitschriftenartikel, Konferenzpräsentationen oder Diskussionsforen. In diesem Kontext sollen mit Hilfe der internen Wissenschaftskommunikation Forschungsergebnisse, Methoden, Theorien und andere relevante Informationen unter Fachkollegen verbreitet, um den Wissensaustausch, die Wissenserweiterung und die fachspezifische Zusammenarbeit zu fördern.

Externe Wissenschaftskommunikation:

Externe Wissenschaftskommunikation wiederum richtet sich an eine Zielgruppe außerhalb der wissenschaftlichen Fachgemeinschaft und vermittelt wissenschaftliche Erkenntnisse an ein breiteres Publikum – dies können die Politik, die Gesellschaft im Allgemeinen oder andere Zielgruppen sein. Entsprechend ändern sich auch Vermittlungsformate und Kommunikationskanäle: Öffentlichen Vorträgen, Interviews, Posts in sozialen Medien, populärwissenschaftliche Artikel, Podcasts und Videos sind nur einige der vielen Medienformate, derer sich die externe Wissenschaftskommunikation bedient.

Eine in Deutschland sehr bekannte externe Wissenschaftskommunikatorin, die sich an ein breites Laienpublikum richtet, ist zum Beispiel die promovierte Chemikerin Mai Thi Nguyen-Kim, die mit und in ihren YouTube-Videos chemische Prozesse erklärt.

Im allgemeinen Sprachgebrauch ist meist diese externe Form gemeint, wenn von Wissenschaftskommunikation die Rede ist.

Wo findet Wissenschaftskommunikation statt?

Allein die Unterscheidung zwischen interner und externer Wissenschaftskommunikation macht bereits deutlich, dass Wissenschaftskommunikation auf sehr unterschiedlichen Plattformen, in unterschiedlichen Kontexten, mit unterschiedlichen Formaten und an unterschiedliche Zielgruppen gerichtet stattfindet.

Eine wissenschaftliche Fachtagung ließe sich ebenso als ein Wissenschaftskommunikationsformat betiteln wie ein YouTube Video von Mai Thi Nguyen-Kim. Es gibt Zukunftsmuseen, wie beispielsweise das Futurium in Berlin, die als Orte der Wissenschaftskommunikation fungieren. An Hochschulen tragen ReferentInnen für Wissenschaftskommunikation die Forschungsarbeiten ihrer Institution in die Öffentlichkeit. Und auch Firmen mit Forschungsauftrag integrieren Wissenschaftskommunikation in ihre Unternehmenskommunikation und PR-Bestrebungen.

Bei dieser Vielfalt ist es somit kaum verwunderlich, dass auch die Rollenbeschreibung einer Wissenschaftskommunikatorin/eines Wissenschaftskommunikators sehr unterschiedliche Aufgaben beinhaltet.

Wissenschaftskommunikation ist eben genauso divers wie ihr Kommunikationsgegenstand.


Tipp:
Ein Podcast, der die unterschiedlichen Auftraggeber, Formate, Plattformen, Ziele und Zielgruppen von Wissenschaftskommunikation anschaulich vorstellt, ist ZEIT für WissKomm von Zeit Media.

Wissenschaftskommunikation vs. Wissenschaftsjournalismus

Zu unterscheiden ist die Wissenschaftskommunikation vom klassischen Wissenschaftsjournalismus. Wissenschaftskommunikatoren und Wissenschaftsjournalisten weisen zwar Ähnlichkeiten auf, sind jedoch voneinander zu unterscheiden:

Gemeinsam ist ihnen, dass sowohl Wissenschaftsjournalisten als auch Wissenschaftskommunikatoren die meist sperrige Fachsprache der Wissenschaft in eine verständliche Laiensprache übersetzen. Beide Berufsgruppen nutzen vielfältige Kommunikationskanäle, um ihren Content zu verbreiten. Und vor allem im Ethos stimmen beide Professionen überein: Es geht ihnen um die Wahrheitssuche.

Wissenschaftsjournalisten leisten jedoch im Bereich der Wissenschaftslandschaft auch Investigativarbeit: Sie begleiten die Wissenschaft teilweise kritisch, untersuchen, woher Forschungsinstitute ihre Mittel beziehen und welche Interessen dabei verfolgt werden (könnten), oder entlarven falsche Forschungsergebnisse (sogenannte Junk Science). Eine solch investigative Berichterstattung gehört nicht zum Aufgabenbereich der häufig an eine Forschungsinstitution gebundenen Wissenschaftskommunikation.

Warum Wissenschaftskommunikation gerade jetzt so wichtig ist

Wissenschaftskommunikation gegen Fake News und Desinformation

Auch wenn Wissenschaft und der Journalismus wie erwähnt voneinander zu unterscheiden sind, so handelt es sich bei beiden doch um wahrheitssuchende Institutionen. Im Zeitalter der digitalen Kommunikation bekommen Propagandisten und interessengeleitete Desinformationsmanager aber immer neue Werkzeuge in die Hände, teilen ihre Meinungen über Instagram, TikTok und Co. und führen die öffentliche Meinungsbildung damit in die Irre oder schwächen gar das Vertrauen in investigativen Journalismus und die Wissenschaft. Und das gefährdet die Demokratie.

Wissenschaftskommunikation gegen low-quality-information

Auch ich selbst habe als langjährige Mitarbeiterin im Online Marketing immer wieder gesehen: Nur weil eine Website vorne auf den Suchergebnisseiten von Google erscheint, bedeutet das noch lange nicht, dass dort die besten Inhalte oder auch nur wahrheitsgemäße Inhalte zu finden sind. Und trotzdem tendieren wir als Konsumenten unter all der Informationsflut dazu, nur die ersten ein bis drei Suchergebnisse zu berücksichtigen. Schlimmer noch: Inzwischen konnten experimentelle Studien zeigen, dass Menschen in Situationen, in denen sie Informationen überflutet werden, dazu neigen, diese weniger kritisch auszuwählen und häufger „low-quality information“ zu konsumieren und zu verbreiten. Die zu hohe Informationsdichte in unserem digitalen Zeitalter senkt somit unsere Fähigkeit zur Differenzierung, weil bereits die bloße Informationsverarbeitung unsere begrenzte Aufmerksamkeit konsumiert.

„Gesamtgesellschaftlich fördert sie [gemeint ist die Wissenschaftskommunikation] Resilienz, Zukunftsfähigkeit und Innovationsbereitschaft und stärkt das Vertrauen in Wissenschaft.“, heißt es im Antrag der Koalition zur Stärkung der Wissenschaftskommunikation vom März 2024.

Wissenschaftskommunikation stärken: Perspektiven der Wissenschaftskommunikation im digitalen Zeitalter

Die Perspektiven der Wissenschaftskommunikation im digitalen Zeitalter müssen daher unbedingt erweitert werden, um gegen die Verbreitung von Fake News und Desinformation und das Konsumieren von low-quality-information vorzugehen, das Vertrauen in die Wissenschaft zu stärken und Wissen als Grundlage demokratischer Prozesse zu sichern. 

Genau diesen Bedarf sehen auch die Antragssteller aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP: Auf Basis wissenschaftliche Erkenntnisse könnten Gesellschaften, Organisationen und Individuen zukunftsfähige Entscheidungen treffen, heißt es in ihrem Antrag. Wissenschaftskommunikation sei hierfür von zentraler Bedeutung, denn sie ermögliche evidenzbasierte Entscheidungen und wirke Fake News und Desinformationen entgegen.

Bereits jetzt werden nach und nach neue Wissenschaftskommunikationsstellen geschaffen. Orte der Wissenschaftskommunikation entwickeln immer wieder neue und innovative Kommunikationsformate. Und laut dem Wissenschaftsbarometer, der jährlichen repräsentativen Umfrage von Wissenschaft im Dialog über die Einstellungen der Bevölkerung zu Wissenschaft und Forschung, war 2023 „das Vertrauen der Bevölkerung in Wissenschaft und Forschung (…) nach wie vor hoch,  wenngleich etwas niedriger als in den Jahren der Coronapandemie.“

Sieht man jedoch etwas genauer hin, waren es letzten Endes doch nur 56 Prozent der Befragten, die 2023 ihr Vertrauen in Wissenschaft und Forschung bestätigt haben. Umso wichtiger ist es, dass die Bestrebungen der Koalition zur Förderung der Wissenschaftskommunikation nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten intensiviert werden.

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Quellen:

„Koalition will Wissenschaftskommunikation stärken“ Mitteilung des Deutschen Bundestags zum Thema Forschung, URL: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw11-de-wissenschaftskommunikation-991064 (Letzter Zugriff: 2.5.24).

„Wissenschaftsbarometer 2023“ Statistische Erhebung von Wissenschaft im Dialog, URL: https://www.wissenschaft-im-dialog.de/projekte/wissenschaftsbarometer/wissenschaftsbarometer-2023/ (Letzter Zugriff: 07.05.2024).

Weißkopf , Markus: „Warum wir gute Wissenschaftskommunikation brauchen“ In: Schnurr, Johannes und Mäder, Alexander (Hrsg.): „Wissenschaft und Gesellschaft. Ein Vertrauensvoller Dialog. Positionen und Perspektiven der Wissenschaftskommunikation heute“, Berlin: Springer, 2020, S. 227-234.

Löwisch, Henriette: „Allianz gegen ‚Fake News‘“ In: Schnurr, Johannes und Mäder, Alexander (Hrsg.): „Wissenschaft und Gesellschaft. Ein Vertrauensvoller Dialog. Positionen und Perspektiven der Wissenschaftskommunikation heute“, Berlin: Springer, 2020, S. 25-48.

Stollorz, Volker: „Wir lieben Aufklärung. In: Schnurr, Johannes und Mäder, Alexander (Hrsg.): „Wissenschaft und Gesellschaft. Ein Vertrauensvoller Dialog. Positionen und Perspektiven der Wissenschaftskommunikation heute“, Berlin: Springer, 2020, S. 3-16.

 

Bilder: 

„Wissenschaftskommunikation“ copyright @pixabay (Mohamed-hassan)

„Wissenschaftler 1“ copyright @pixabay (Mohamed-hassan)

„Podcast“ copyright @pixabay (Mohamed-hassan)

„Wissenschaftler 2“ copyright @pixabay (Mohamed-hassan)

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